Lex Covid

Stand zum 20.4.2020

Die tschechische Regierung verabschiedete das sogenannte Gesetz Lex Covid. Wir dürfen Sie hiermit über die wesentlichen gesetzlichen Neuigkeiten informieren, die im Rahmen des Gesetzes über einige Maßnahmen zur Minderung der Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie (SARS CoV-2) auf die Prozessbeteiligten, Geschädigten, Straftatopfer und juristische Personen und über die Änderung des Insolvenzgesetzes und der Exekutionsordnung (das sog. Lex Covid) eingeführt wurden. Das Gesetz tritt durch seine Veröffentlichung in der Gesetzessammlung in diesen Tagen in Kraft.

Das Ziel dieses Gesetzes ist, auf die Auswirkungen der außerordentlichen Maßnahmen zu reagieren, die durch die Organe der öffentlichen Gewalt im Zusammenhang mit der derzeitigen Pandemie angeordnet wurden und zu versuchen, die Auswirkung dieser Maßnahmen in dem privatrechtlichen und geschäftlichen Bereich zu mindern. Das Gesetz regelt vier Grundbereiche, und zwar Bestimmungen über die Möglichkeit des Erlasses der Fristversäumnis, besondere Maßnahmen in Bezug auf juristische Personen, besondere Maßnahmen in Bezug auf das Insolvenzrecht und auf die Exekutionen (Vollstreckungen).

Lex Covid beschränkt auch den vertraglichen Verzugszins über den aktuellen gesetzlichen Jahressatz, und zwar bis Ende Juni 2020, und diesbezüglich jedweden Schuldnerverzug, der ab dem 12. März 2020 eingetreten ist, wenn der Schuldner nachweist, dass ihm die rechtzeitige Erfüllung der Geldschuld die außerordentlichen Maßnahmen unmöglich machten oder wesentlich erschwerten.

Nähere Einzelheiten zu den einzelnen thematischen Bereichen, welche dieses Gesetz regelt, finden Sie auf unserer Webseite.

 

Sonderbestimmungen über die Möglichkeit des Erlasses der Fristversäumnis

Lex Covid erweitert die Anwendung der bereits bestehenden Möglichkeiten für den Erlass der Fristversäumnis in solchen Fällen, wo dies nicht möglich war, wie z. B. die Fristversäumnis für die Einlegung eines außerordentlichen Rechtsmittels, und zwar in dem Fall, wenn die Frist infolge der Beschränkungen versäumt wurde, die sich aus den außerordentlichen Maßnahmen ergeben, die wegen der COVID-19-Bekämpfung getroffen wurden. Es wird möglich sein, die Fristen im Rahmen der zivilrechtlichen Gerichtsverfahren, des Insolvenzverfahrens, des Verfahrens über die Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidung, des Exekutionsverfahrens, des Verwaltungsgerichtsverfahrens, des Strafverfahrens, des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht und weiter dann im Rahmen des Verfahrens vor dem Justizministerium, einerseits über die Verwendung der Geldmittel aus den im Strafverfahren verhängten Vermögensstrafsanktionen, andererseits über die finanzielle Unterstützung der Opfer der Straftaten, zu erlassen.

Die Fristversäumnis wird auf Grund eines Antrags auf den Erlass der Fristversäumnis erlassen, der gemeinsam mit der versäumten Handlung in der festgesetzten Frist ab der Beendigung oder Aufhebung der außerordentlichen Maßnahmen zu stellen ist, aus denen sich die Beschränkung für den Antragsteller ergibt. Im Rahmen der Überprüfung der Tatsache, ob die gegebene Frist erlassen werden sollte, wird beurteilt, ob die konkrete Person durch die außerordentliche Maßnahme auf eine solche Art und Weise beschränkt wurde, dass sie die Frist wegen der mit den außerordentlichen Maßnahmen der tschechischen Regierung zusammenhängenden Gründe nicht einhalten konnte. Die Fristen für die Stellung der Anträge unterscheiden sich nach den Verfahrensarten. Wir werden Ihnen gerne bei der Formulierung Ihrer konkreten Anträge auf den Erlass der Fristversäumnis und bei der Lösung von zusammenhängenden Problemen behilflich sein.

 

Sondermaßnahmen in Bezug auf juristische Personen

Lex Covid ermöglicht während der Dauer der außerordentlichen Maßnahmen die Entscheidung der Organe der juristischen Personen unter Benutzung von technischen Mitteln oder die Entscheidung per rollam auch in den Fällen, wenn eine solche Entscheidungsmöglichkeit in der Gründungsurkunde, der Satzung der Gesellschaft oder dem Gesellschaftsvertrag nicht geregelt ist. Es ist also möglich, die Gesellschafterversammlung auch auf dem Fernweg durchzuführen, und zwar auch dann, wenn dies der Gesellschaftsvertrag nicht zulässt.

Weiter führt die Novelle Lex Covid eine automatische Verlängerung oder die Wiederherstellung der Amtsperiode der Mitglieder eines gewählten Organs der tschechischen Gesellschaften ein, wenn die Amtsperiode dieser Mitglieder während der Dauer der außerordentlichen Maßnahmen abgelaufen ist, und zwar bis zu dem Ablauf von drei Monaten ab dem Tag, der dem Tag der Beendigung der außerordentlichen Maßnahmen folgt. Dieser Verlängerung muss aber das betroffene Mitglied des gewählten Organs zustimmen bzw. in bestimmten Fällen dieser Vorgehensweise auch widersprechen. Es muss jedoch seine Nicht-Übereinstimmung noch vor dem Ablauf der Amtsperiode der juristischen Person zusenden. Wenn die Amtsperiode in der Zeit zwischen dem Tag der Ergreifung der außerordentlichen Maßnahmen und dem Tag des Inkrafttretens von Lex Covid abläuft und wenn niemand anderer für dieses Mitglied gewählt wurde, gilt, dass sein Amt wiederhergestellt wird, wenn dieses Mitglied damit einverstanden ist.

Neu wird auch die Möglichkeit der sog. Kooptation zugelassen, d. h. die Wahl eines Organmitgliedes direkt durch die einzelnen Organmitglieder, wenn ihre Anzahl nicht unter die Hälfte sinkt, und zwar auch in dem Fall, wenn die Satzung, eventuell der Gesellschaftsvertrag eine solche Wahl nicht zulässt.

Lex Covid verlängert gleichzeitig die Frist für die Einberufung der Gesellschafterversammlung einer Kapitalgesellschaft wegen der Verhandlung des ordentlichen Jahresabschlusses, und zwar um 3 Monate ab dem Tag der Beendigung der außerordentlichen Maßnahmen. Die Frist für die Erfüllung dieser Pflicht wird jedoch spätestens bis zum 31.12.2020 verlängert. Die Problematik der Organisation von Gesellschafterversammlungen, der geeigneten Ergänzungen der Gesellschaftsverträge, oder die Problematik der Aufenthaltserlaubnis für die EU-Ausländer, die in den Organen der tschechischen Gesellschaften tätig sind, diskutiert mit Ihnen gerne Frau Mgr. Monika Deislerová Wetzlerová (E-Mail-Adresse: wetzlerova@saxinger.com).

Sondermaßnahmen in Bezug auf das Insolvenzrecht

Der Zweck von Lex Covid ist auch die Unterstützung der Unternehmer, die durch eine Insolvenz gefährdet sind, und die Unterstützung der Schuldner in Rahmen der Entschuldung.

Lex Covid führt deshalb die Verschiebung der Pflicht des Schuldners ein, einen Eigeninsolvenzantrag in dem Fall zu stellen, wenn er sich im Konkurs befindet, und zwar bis zu dem Zeitpunkt nach dem Ablauf von 6 Monaten ab der Beendigung der außerordentlichen Maßnahmen, spätestens jedoch bis zum 31.12.2020 (es sei denn, der Konkurs ist bereits vor den außerordentlichen Maßnahmen eingetreten, oder es kam zu dem Konkurs nicht im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie). Außerdem wird der Gläubigerinsolvenzantrag nicht berücksichtigt, der bis zum 31.08.2020 gestellt wird. Gleichzeitig wird das Institut eines außerordentlichen Moratoriums eingeführt, das die Unternehmer vor der Entscheidung über den Konkurs schützt und das ihnen ermöglicht, ihren Betrieb weiter alleine zu betreiben. Das außerordentliche Moratorium kann auf die Dauer von drei Monaten ausgerufen werden (und danach mit der Zustimmung der Gläubiger auch noch um weitere drei Monate verlängert werden).

Für die Schuldner wird im Rahmen von Lex Covid die Möglichkeit der zeitweiligen Unterbrechung der Erfüllung des genehmigten Reorganisationsplans auf die Dauer von bis zu 6 Monaten ab der Beendigung der außerordentlichen Maßnahmen eingeführt, spätestens jedoch bis zum 31.12.2020. Das Gesetz führt auch eine Reihe von Maßnahmen für Schuldner in Rahmen ihrer Entschuldung ein. Zögern Sie, bitte, nicht, weitere Einzelheiten zu der neuen gesetzlichen Regelung in Bezug auf das Insolvenzrecht zu erfragen. Frau JUDr. Eva Scheinherrová steht Ihnen unter ihrer E-Mail-Adresse zur Verfügung: scheinherrova@saxinger.com.

Maßnahmen im Exekutionsverfahren

Ursprünglich sollte Lex Covid eine pflichtige Einstellung von fruchtlosen Exekutionen nach dem Ablauf der durch das Gesetz festgesetzten Frist regeln. Diese pflichtige Einstellung von Exekutionen wurde jedoch in Rahmen der Änderungsvorschläge nicht verabschiedet.

In der genehmigten Form bringt Lex Covid folgende Änderungen in die Exekutionsverfahren ein. Die Durchführung von Exekutionen in Form des Verkaufs von Mobilien ist bis zum 30.06.2020 ausgeschlossen. Auch hier gibt es jedoch Ausnahmen, und zwar wenn sich der Pflichtige mit der Fortführung der Exekution schriftlich einverstanden erklärt, oder wenn es sich um Exekutionen von laufenden Unterhaltsforderungen, Gesundheitsschadensersatzforderungen oder Schadens-ersatzforderungen bei vorsätzlichen Straftaten handelt.

 

Eine weitere Maßnahme im Rahmen von Lex Covid ist der Ausschluss der Durchführung von Exekutionen durch den Verkauf von Immobilien, in denen die Schuldner ihren ständigen Aufenthaltsort haben, und zwar wieder bis zum 30.06.2020 mit den oben beschriebenen Ausnahmen. Der Verkauf von Immobilien wird weiter nur in Rahmen der Exekutionen möglich, bei denen sich der einzutreibende Betrag mindestens auf 100.000,-- CZK beläuft.

 

Gleichzeitig kommt es zu der Änderung der Durchführung der Exekution durch den Bankkontoeinzug bei Privatpersonen. Nach der Wirksamkeit des Gesetzes bis zum 31.12.2020 wird der exekutionsfreie Minimumbetrag auf das Vierfache des Existenzminimums erhöht. Über die Auswirkungen des Lex Covid auf die Exekutionen zu der Zeit des Coronavirus berät Sie Herr Mgr. Filip Turčáni ( E-Mail-Adresse: turcani@saxinger.com).