Deutschland: Rufschädigung vs. Meinungsfreiheit – Was kann nach deutschem Recht gegen schlechte Bewertungen im Internet unternommen werden?

Wann ist eine negative Unternehmensbewertung in Deutschland als rechtswidrig einzustufen?

Negative Unternehmensbewertungen sind rechtswidrig und damit unzulässig, wenn es sich bei der Bewertung entweder um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelt oder ihr Inhalt nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Die Frage der Abgrenzung ist oft schwierig. Enthält die getätigte Aussage im Schwerpunkt einen Tatsachenkern, der dem Beweis zugänglich ist, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung. So wurde etwa eine "Ein-Sterne-Bewertung" ohne Begleittext bei Google Maps zuletzt als implizite Tatsachenbehauptung eingeordnet (OLG Nürnberg, Urteil vom 17. Juli 2019, 3 W 1470/19). Wird die Bewertung hingegen maßgeblich durch Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt, stellt sie eine Äußerung dar, die in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG fällt. Unzulässig sind z.B. Beleidigungen, Schmähkritik und kreditgefährdende Behauptungen.

Welche Maßnahmen können gegen rechtswidrige Bewertungen ergriffen werden?

Dem Betroffenen steht ein Unterlassungsanspruch zu. Dieser wird zunächst über eine anwaltliche Abmahnung geltend gemacht. Hierin wird das Bewertungsportal aufgefordert, die rechtswidrige Bewertung zu entfernen und eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. In der Unterlassungserklärung verpflichtet sich der Abgemahnte, die Bewertung nicht mehr zu verwenden. Bei jedem Verstoß gegen diese Pflicht wird eine Vertragsstrafe zur Zahlung fällig. Diese kann pauschal bestimmt oder von der Höhe in das Ermessen des Betroffenen gestellt werden. Falls der Abgemahnte im letzteren Fall mit der Höhe nicht einverstanden ist, kann er diese gerichtlich auf ihre Angemessenheit hin prüfen lassen. Lehnt der Betroffene die Abgabe der Unterlassungserklärung ab, kann bei Gericht ein Dringlichkeitsverfahren über einen Antrag auf Einstweilige Verfügung eingeleitet werden und/oder auf Unterlassung geklagt werden. Auch Schadensersatzansprüche des Betroffenen sind möglich. Hier besteht jedoch die Schwierigkeit, nachzuweisen, dass der eingetretene Schaden auf der rechtswidrigen Bewertung beruht.

Darf man sich als Unternehmen positive "Fake-Bewertungen" kaufen?

Ja. Entscheidender ist allerdings die Frage, ob und wie damit geworben werden darf. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 20. Februar 2020, I ZR 193/18) haftet der Anbieter für gefälschte Kundenbewertungen, für die er bezahlt oder die ihm aus anderen Gründen zugerechnet werden können. Derartige Bewertungen müssen als "bezahlte" Rezensionen gekennzeichnet werden, wie zuletzt das OLG Frankfurt a.M. entschied (Beschluss vom 22. Februar 2019, 6 W 9/19). Wird dies unterlassen, können auch Unternehmen, die Fake-Bewertungen gegen Entgelt verfassen, als Mittäter haften. Darüber hinaus verbieten die meisten Online-Handelsplattformen den Kunden über ihre AGB, gekaufte Bewertungen einzusetzen.



Autor: Dr. Karolin Nelles